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Wie begegnen wir anderen – ohne uns selbst zu verlieren?


In den letzten Monaten hat sich für mich vieles gezeigt. Alte Muster, feine innere Bewegungen, kleine und große Trigger. Dinge, die ich lange übersehen habe oder einfach nicht bewusst wahrgenommen habe. Und plötzlich war da dieser Moment – in dem alles klarer wurde. Nicht laut, sondern leise. Nicht dramatisch, sondern tief.


Ein Blick nach innen hat mir geholfen, Zusammenhänge zu verstehen. Nicht über ein kurzes Reel oder einen schlauen Spruch – sondern durch echte Innenschau. Denn das, was uns in Beziehungen begegnet, hat meist viel mehr mit uns zu tun, als wir im ersten Moment glauben.


Im Zuge meiner TSB® Abschlussarbeit habe ich begonnen, meine Beziehungsdynamiken mit anderen Augen zu betrachten. Und dabei fiel mir auf:


Beziehung passiert nicht nur in romantischen Partnerschaften. Wir sind ständig in Beziehung – mit Freunden, am Arbeitsplatz, in unserer Familie oder mit völlig Fremden. Sobald wir mit einem Menschen in Kontakt treten, entsteht eine Dynamik.

Und manchmal triggert uns das mehr, als wir zugeben möchten.


Was ich erkannt habe: Oft reagieren wir nicht auf den Menschen vor uns – sondern auf alte, unbewusste Prägungen. Wir sehen im Anderen das, was wir uns selbst nicht erlauben. Oder wir fühlen uns verletzt, weil etwas Altes berührt wird.


Und ganz schnell rutschen wir dann in die Bewertung: „Die Person ist toxisch“, „Ich muss mich abgrenzen“, „Das tut mir nicht gut“. Doch so einfach ist es oft nicht. Denn jede Beziehung kann toxisch werden, wenn die eigenen Grenzen nicht klar sind. Wenn du dich selbst immer wieder übergehst. Wenn du dich anpasst, damit die Verbindung nicht abbricht. Oder wenn Nähe dich so sehr überfordert, dass du lieber auf Distanz gehst.


Diese Muster kommen nicht einfach so. Sie haben eine Geschichte.


Dein Nervensystem hat Schutzmechanismen entwickelt – weil es dafür da ist, dein Überleben zu sichern, nicht um dich glücklich zu machen.


Und genau da lohnt sich ein tieferer Blick. Denn oft liegen die Wurzeln unserer heutigen Beziehungsdynamiken in der frühen Kindheit – in Momenten, in denen wir (emotional oder körperlich) nicht sicher waren und uns anpassen mussten, um Verbindung zu bleiben.


Vielleicht wurdest du als Kind oft dazu angehalten, still zu sein, „nicht so laut“ oder „nicht so wild“ zu sein. Vielleicht wurdest du ermutigt, mit anderen zu spielen, obwohl du dich lieber zurückziehen wolltest. Vielleicht war es nicht immer sicher, deine wahren Gefühle zu zeigen – weil sie übergangen, übersehen oder sogar abgelehnt wurden.


Du hast begonnen, dein Umfeld genau zu beobachten: Wie ist die Stimmung im Raum? Was wird von mir erwartet? Was muss ich tun, um geliebt oder wenigstens in Ruhe gelassen zu werden?


Diese feinfühlige Art, dein Umfeld zu scannen, war einst eine Überlebensstrategie.

Da dein "Überleben" an die Reaktion deiner Bezugspersonen geknüpft war.

Dein Nervensystem hat sich diesen Umständen angepasst – mit Strategien, die damals sinnvoll waren, heute aber oft im Weg stehen, wenn es darum geht, echte Nähe zuzulassen oder Grenzen zu wahren.


Und so begegnen wir heute anderen Menschen nicht nur aus unserer erwachsenen Perspektive, sondern oft auch aus alten kindlichen Anteilen heraus. Diese inneren Muster treten besonders dann hervor, wenn wir uns emotional berührt oder unsicher fühlen – in engen Beziehungen, im Arbeitsumfeld, in Freundschaften.


Zwei Dynamiken, die ich besonders spannend finde:


Ängstlich geprägter Bindungsstil: Du suchst Nähe, gibst zu viel, passt dich an – aus Angst, die Verbindung zu verlieren. Du verlierst dich im anderen, um dich sicher zu fühlen.


Vermeidender Bindungsstil: Du ziehst dich zurück, brauchst Kontrolle, hältst emotionale Distanz – weil Nähe sich bedrohlich anfühlt. Du schützt dich vor Enttäuschung, indem du keine echte Verbindung zulässt.


Beide Strategien sind Schutzmechanismen, geprägt durch frühere Erfahrungen. Und sie laufen meist unbewusst ab – auf Autopilot.


Der erste Schritt ist, sich dieser Muster bewusst zu werden. Zu erkennen: Wie reagiere ich im Kontakt? Was genau triggert mich – und was liegt darunter?


Manchmal steckt hinter einem Trigger nicht die andere Person – sondern ein alter Anteil von dir, der sich nicht gesehen, gehört oder sicher fühlt. - Die andere Person hält uns dabei oft "nur" den Spiegel vor.


Emotionale Intelligenz 


Hier kommt emotionale Intelligenz ins Spiel: Die Fähigkeit, deine eigenen Gefühle wahrzunehmen, zu regulieren und zu verstehen. Sie ist essenziell, um deine Bedürfnisse zu erkennen, deine Grenzen zu wahren und bewusst in Kontakt zu treten – mit dir selbst und mit anderen.


Denn nur wenn du dich in dir selbst sicher fühlst, brauchst du diese Sicherheit nicht mehr im Außen zu suchen. Du wirst freier in deinem Ausdruck. Klarer in deinen Grenzen und echter in deinen Beziehungen.


Das ist kein Prozess, der von heute auf morgen passiert. Aber es ist ein Weg, den du Schritt für Schritt gehen kannst. Und je mehr du über dich verstehst, desto leichter fällt es, gesunde Beziehungsmuster zu entwickeln – und zu erkennen, wie sich gesunde Beziehungen anfühlen.


Was kannst du tun, wenn du merkst, dass du in alten Mustern reagierst?


Zum Schluss ein paar nervensystemfreundliche Impulse, die dir helfen können, in solchen Momenten wieder bei dir anzukommen:


Atme bewusst. Tief durch die Nase ein- und durch den Mund ausatmen – das reguliert dein Nervensystem und bringt dich zurück in den Moment.

Nimm deinen Körper wahr. Spüre deine Füße auf dem Boden oder deine Sitzfläche. Was fühlst du gerade – und wo?

Berühre dich selbst. Eine Hand auf dem Herzen oder Bauch kann dir Sicherheit geben. Du kannst dich selbst erinnern: „Ich werde sicher gehalten“

Sprich innerlich beruhigende Worte. Zum Beispiel: „Ich darf mich so fühlen, wie ich mich fühle. Ich bin sicher im Hier und Jetzt.“

Erkenne deine Reaktion an – ohne Bewertung. Alte Muster dürfen da sein. Das Ziel ist nicht, sie loszuwerden, sondern ihnen bewusst zu begegnen.


Indem wir lernen, mit diesen Reaktionen zu sein – statt gegen sie anzukämpfen oder sie zu ignorieren – stärken wir unsere Verbindung zu uns selbst. Und genau dort beginnt Veränderung.

 
 
 

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